Kann man sich heute überhaupt noch eine Immobilie leisten?

Veröffentlichung: 7. Juli 2025
Ein renovierungsbedürftiger Raum mit Schutt, vier Stützpfosten, zwei offenen Fenstern und Werkzeugen.
In Zeiten globaler Unsicherheit und wirtschaftlicher Herausforderungen ist es verständlich, dass potenzielle Immobilienkäufer verunsichert sind. Weltpolitische Krisen wie der Ukraine-Russland-Krieg und eine angespannte Konjunktur haben den Immobilienmarkt durcheinandergewirbelt: Steigende Zinsen, hohe Inflation und teure Baukosten prägen die Lage. Viele Menschen fragen sich daher, ob sie sich heute überhaupt noch eine Immobilie leisten können oder ob der Traum vom Eigenheim in weite Ferne gerückt ist. Dieser Beitrag beleuchtet die aktuellen Entwicklungen – von Zinsschock über Preisrückgang bis zu neuen Trends – und gibt Tipps, worauf Käufer jetzt achten sollten.
Globale Krisen treiben Zinsen und Kosten
Die Auswirkungen der weltweiten Krisen sind auf dem Immobilienmarkt deutlich zu spüren. Besonders der Krieg in der Ukraine hat indirekt zu steigenden Bau- und Energiekosten geführt – etwa durch erhöhte Materialpreise und Unsicherheit auf den Märkten. Parallel dazu stieg die Inflationsrate stark an, was die Europäische Zentralbank (EZB) zu aggressiven Zinserhöhungen veranlasste. Im ersten Halbjahr 2022 erlebten Immobilienfinanzierer einen regelrechten Zinsschock: Innerhalb weniger Monate schnellten typische Bauzinsen von rund 1 % auf etwa 4 % pro Jahr hoch. Ein solcher Sprung bedeutet, dass pro 100.000 € Kredit plötzlich ca. 3.000 € mehr Zinsen pro Jahr zu zahlen waren – also 250 € monatlich zusätzlich. Diese rapide Verteuerung der Finanzierung hat viele Käufer hart getroffen. Zahlreiche Haushalte konnten oder wollten sich die vorher üblichen Kaufpreise unter den neuen Zinsbedingungen nicht mehr leisten. Infolge dieser Entwicklung legten viele ihren Immobilientraum vorerst auf Eis, was eine spürbare Abkühlung der Nachfrage nach sich zog. Ein weiterer Dämpfer war die generelle wirtschaftliche Unsicherheit nach Beginn des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise im Winter 2022/23. Insgesamt führte die Situation dazu, dass sich weniger Kaufinteressenten am Markt tummelten – mit erheblichen Folgen für die Preisentwicklung.
Immobilienpreise: Korrektur nach dem Boom
Nach über einem Jahrzehnt nahezu ungebremsten Preisanstiegs bei Häusern und Wohnungen verzeichnete der Markt ab Mitte 2022 erstmals wieder sinkende Immobilienpreise. Verschiedene Erhebungen zeigen, dass die Kaufpreise seit dem Höchststand im 2. Quartal 2022 durchschnittlich um etwa 10–15 % gefallen sind. Beispielsweise sank der offizielle Häuserpreisindex des Statistischen Bundesamtes zwischen Mitte 2022 und Ende 2023 von ~166 auf ~145 Punkte – ein Rückgang von rund 13 %. Für Käufer war das zunächst eine gute Nachricht, denn lange Zeit kannten die Preise nur den Weg nach oben. Allerdings ist wichtig zu beachten, dass dieser Preisrückgang die vorherigen Rekordsteigerungen nur teilweise wettmacht. Immobilien sind historisch betrachtet immer noch sehr teuer. Laut Statistischem Bundesamt lagen die Preise Ende 2024 weiterhin etwa 50 % über dem Niveau von 2015. Eine Wohnung, die im Jahr 2015 noch für 200.000 € zu haben war, kostet knapp zehn Jahre später eher 300.000 €. Seit Herbst 2024 mehren sich zudem Anzeichen, dass die Talsohle der Preise durchschritten sein könnte. Im vierten Quartal 2024 stiegen die Immobilienpreise in Deutschland erstmals wieder leicht an – um etwa 1,9 % gegenüber dem Vorjahr. Auch Anfang 2025 setzte sich dieser Trend fort. Regional gibt es dabei große Unterschiede: In einigen ländlichen Regionen oder für unsanierte Objekte mögen die Preise weiter unter Druck stehen, während gefragte Lagen bereits wieder Preisanstiege verzeichnen. Unterm Strich sind Immobilien trotz der Korrektur also nicht „billig“, doch zumindest etwas erschwinglicher als auf dem Höhepunkt des Booms.
Hohe Zinsen erschweren die Finanzierung
Parallel zur Preisentwicklung bleibt die Finanzierung die größte Hürde für Kaufwillige. Die Bauzinsen haben sich zwar nach dem rapiden Anstieg 2022 wieder etwas beruhigt, liegen aber deutlich über dem Niveau der 2010er Jahre. 2023 und 2024 kletterten die Konditionen nicht weiter nach oben, sondern gingen zeitweise sogar etwas zurück. Anfang 2025 konnte man je nach Darlehensmodell mit Zinssätzen um 3,5–4 % rechnen. Viele Experten – etwa die Verbraucherschützer von Finanztip – gingen davon aus, dass dieses Niveau vorerst relativ stabil bleibt. Für das kommende Jahr 2025 rechnet eine Mehrheit der Banken allerdings wieder mit leicht steigenden Bauzinsen in Richtung 4 %, unter anderem wegen der zunehmenden Staatsverschuldung in Deutschland und Europa. Für Immobilienkäufer bedeutet das: Die Monatsraten für neue Kredite bewegen sich zwar nicht mehr im freien Fall nach oben, bleiben aber hoch. Ein Rechenbeispiel verdeutlicht die aktuelle Belastung: Finanzierte man in den Niedrigzinsjahren 2020/21 ein Objekt mit 300.000 € Kredit, kostete dies bei ~1 % Zins nur ca. 250 € Zinsen pro Monat. Heute sind für dieselbe Kreditsumme bei ~3,5 % Zins rund 875 € Zinsen im Monat fällig – mehr als dreimal so viel. Zwar tilgt man gleichzeitig das Darlehen, doch die Anfangsbelastung für Zins und Tilgung zusammen ist für Durchschnittsverdiener deutlich schwerer zu stemmen als noch vor wenigen Jahren. Immerhin: Steigende Einkommen federn die Last etwas ab. Dank kräftiger Tarifabschlüsse haben viele Haushalte heute nominal mehr Geld zur Verfügung als vor zwei Jahren. Dies zeigt Wirkung bei der Erschwinglichkeit von Wohneigentum: Musste eine Modellfamilie (4 Personen, durchschnittliches Einkommen) Ende 2022 noch rund 45 % des gesamten Haushaltsnets für die Finanzierung eines Eigenheims aufbringen, so waren es im dritten Quartal 2024 etwa 40 % des Einkommens. Diese Entlastung resultiert aus moderat gesunkenen Zinsen und gestiegenen Löhnen. Dennoch bleibt Wohneigentum damit teurer als in der Vergangenheit – Anfang 2018 wären für das gleiche Beispiel weniger als 30 % des Einkommens nötig gewesen. Ein Rückfall auf solche Niveaus ist laut Experten auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.
Mieten als Alternative keine echte Entspannung
Wer angesichts hoher Kaufpreise und Zinsen lieber in Miete bleibt, ist ebenfalls mit steigenden Kosten konfrontiert. Der Wohnungsmarkt in Deutschland leidet unter Knappheit, was die Mieten in vielen Regionen in die Höhe treibt. Neuvermietungen lagen 2024 im Bundesdurchschnitt 5,2 % teurer als im Vorjahr, in den Metropolen sogar 7,2 % höher. Dies erschwert Mietern das Ansparen von Eigenkapital und führt dazu, dass selbst Mieter zunehmend belastet sind. Für manche Haushalte stellt sich daher die Frage: Miete zahlen oder kaufen? Pauschal lässt sich das nicht beantworten – es hängt von der individuellen Lebenssituation, dem Standort und den Finanzmöglichkeiten ab. Klar ist jedoch: Die Zeiten, in denen Mieten deutlich günstiger waren als Eigentum, nähern sich zumindest in den Großstädten dem Ende. Wohneigentum bleibt attraktiv als langfristige Absicherung, wenn man es sich leisten kann, da man so Mietzahlungen praktisch in eigene Vermögensbildung umwandelt. Allerdings erfordert der Kauf heute mehr denn je eine solide finanzielle Grundlage.
Neue Rahmenbedingungen und leichte Belebung
Die Politik hat inzwischen begonnen, auf die Wohnungskrise zu reagieren. So wurde das frühere Baukindergeld (Zuschuss für Familien) zwar abgeschafft, dafür gibt es seit 2023 ein Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“ der KfW-Bank. Familien mit geringem oder mittlerem Einkommen und mindestens einem Kind können darüber zinsgünstige Kredite bis 270.000 € erhalten, wenn sie ein klimafreundliches Eigenheim bauen oder kaufen. Die Bedingungen wurden jüngst gelockert, weil zunächst kaum Anträge gestellt wurden – Einkommen und Darlehenshöchstbeträge wurden angehoben, um mehr Familien den Zugang zu ermöglichen. Zusätzlich diskutieren einige Bundesländer über Entlastungen bei der Grunderwerbsteuer oder bieten eigene zinsverbilligte Darlehen für Ersterwerber an. Solche Maßnahmen können helfen, die Erwerbsnebenkosten zu senken und Käufern den Einstieg zu erleichtern. Tatsächlich zeichnet sich am Markt bereits eine leichte Belebung ab: Nachdem 2023 wegen der unsicheren Lage viele Transaktionen ausblieben, kehren nun wieder mehr Käufer zurück. Die Bundesbank meldete für den Herbst 2024 (September–November) rund 30 % mehr neue Immobilienkredite als im gleichen Zeitraum 2023. Offenbar nutzen etliche Interessenten die Gelegenheit der etwas günstigeren Preise und stabilisierten Zinsen. Auch die Erwartung, dass es vorerst wohl nicht noch günstiger wird, motiviert Käufer. Im Gegenteil: Viele Experten rechnen 2025 wieder mit moderat steigenden Preisen, da die Nachfrage zurückkehrt. Wer also länger vom Eigenheim träumt, beginnt nun verstärkt mit konkreten Planungen.
Tipps für Kaufinteressenten
Angesichts der Lage ist gründliche Planung das A und O. Wer den Immobilienkauf 2025 ins Auge fasst, sollte strategisch vorgehen und seine finanzielle Basis realistisch einschätzen. Die folgenden Tipps helfen dabei, die Weichen richtig zu stellen:
  • Budget realistisch festlegen: Analysieren Sie ehrlich, wie viel Haus oder Wohnung Sie sich leisten können. Berücksichtigen Sie Lage, Größe und Zustand der Immobilie – häufig sind Kompromisse nötig. Gerade in teuren Städten kann es sinnvoll sein, den Radius zu erweitern oder Abstriche bei der Größe zu machen. Orientieren Sie sich an den Angebotspreisen, bedenken aber, dass diese häufig Verhandlungsspielraum bieten.
  • Eigenkapital stärken: Je mehr Eigenkapital Sie einbringen, desto geringer fällt der benötigte Kredit aus. Als Faustregel gelten 20 % des Kaufpreises an Eigenmitteln als gesundes Polster. Prüfen Sie Ihre Ersparnisse: Reichen diese noch nicht, richten Sie ein gut verzinstes Tagesgeldkonto ein und sparen gezielt weiter. Eventuell können auch Familie oder Förderprogramme helfen – gerade junge Familien sollten Angebote wie das KfW-Förderdarlehen prüfen.
  • Finanzielle Tragfähigkeit prüfen: Kalkulieren Sie die monatliche Rate, die Sie maximal schultern können, ohne sich zu übernehmen. Dazu sollten Sie alle laufenden Lebenshaltungskosten ehrlich erfassen und einen Puffer für Unvorhergesehenes einplanen. Denken Sie daran, dass neben Zins und Tilgung auch Nebenkosten (Versicherungen, Instandhaltung, Wohngeld etc.) anfallen. Die Bank prüft im Rahmen der Kreditvergabe ebenfalls genau, ob Ihr Einkommen die geplante Rate langfristig erlaubt – machen Sie also vorab selbst diesen Kassensturz.
  • Zinsangebote vergleichen: Auch wenn das allgemeine Zinsniveau vorgegeben ist, lohnt sich ein intensiver Vergleich der Angebote. Schon 0,2–0,3 Prozentpunkte Zinsunterschied können über die Kreditlaufzeit viele Tausend Euro Ersparnis bedeuten. Holen Sie deshalb mehrere Angebote von Banken ein oder wenden Sie sich an einen Baufinanzierungsvermittler, der Konditionen von möglichst vielen Anbietern vergleicht. Nutzen Sie die aktuell stabilen Zinsen, um sich gute Konditionen langfristig zu fixieren (z.B. 15 Jahre Zinsbindung), so sind Sie gegen künftige Schwankungen abgesichert.
  • Förderungen nutzen: Informieren Sie sich über staatliche Fördermittel und regionale Programme. Für Familien steht – wie erwähnt – das KfW-Programm Wohneigentum für Familien bereit, sofern Einkommen und Objekt die Voraussetzungen erfüllen. Darüber hinaus bieten einige Bundesländer zinskünstige Darlehen oder Zuschüsse für den Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum an. Diese Förderungen können die Finanzierungslast senken. Ein Beratungsgespräch bei der Hausbank oder einer neutralen Stelle (z.B. Verbraucherzentrale) hilft, alle Optionen auszuschöpfen.
Fazit: Schwieriger, aber nicht unmöglich
Die Frage, ob man sich heute noch eine Immobilie leisten kann, lässt sich weder mit einem klaren Ja noch Nein beantworten – sie hängt stark von der individuellen Situation ab. Fest steht jedoch: Die Bedingungen für Käufer haben sich gegenüber der Niedrigzins-Phase deutlich verschärft. Hohe Zinsen und Preise zwingen viele dazu, kleiner zu planen oder den Kauf aufzuschieben. Gleichzeitig sind die Zeiten extremer Preisanstiege erst einmal vorbei, und moderate Korrekturen sowie Einkommenssteigerungen haben die Lage etwas entspannt. Wer heute gut verdient, genügend Eigenkapital mitbringt und umsichtig rechnet, kann sich weiterhin Wohneigentum leisten. Wichtig ist, realistisch zu bleiben und die Hausfinanzierung solide aufzusetzen. Für zahlreiche Haushalte wird der Immobilienkauf ein Kraftakt bleiben – doch er ist nach wie vor möglich. Entscheidend sind eine sorgfältige Vorbereitung und die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. Dann stehen die Chancen gut, auch in unsicheren Zeiten den Traum von der eigenen Immobilie zu verwirklichen. Schließlich gilt: Die Investition in ein Eigenheim ist eine Entscheidung für Jahrzehnte, und mit jeder abbezahlten Rate kommt man diesem Ziel ein Stück näher. Wer jetzt alle Parameter prüft und die bestehenden Hilfen nutzt, kann – trotz der aktuellen Herausforderungen – den Schritt in die eigenen vier Wände wagen. Denn langfristig ist Wohneigentum für viele ein wichtiger Baustein der privaten Altersvorsorge und bietet Schutz vor stetig steigenden Mieten. Kurzum: Eine Immobilie zu kaufen ist schwieriger geworden, aber keineswegs ausgeschlossen. Mit Wissen, Planung und Geduld lässt sich auch heute noch der Traum vom Eigenheim realisieren. Günstiger wird es so bald voraussichtlich nicht mehr, daher lohnt es sich für ernsthafte Interessenten, das Vorhaben beherzt anzugehen – natürlich mit finanzieller Vernunft und Augenmaß.
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Lennart Sattler -
BaSa Immobilien Adjutant
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